Sie ist die Verfechterin der Lässigkeit: Fränzi Kühne, 34 Jahre alt, gründete 2008 aus einer guten Laune heraus die Digital-Agentur „Torben, Lucie und die gelbe Gefahr“. Vor kurzem ist sie zur jüngsten Aufsichtsrätin eines börsennotierten Unternehmens gewählt worden. Mutter einer 16 Monate alten Tochter ist sie obendrein. Fränzi Kühne ist für die Digitalbranche so etwas wie ein Rockstar. Sie stellt sich bei der Hauptversammlung der freenet AG in Turnschuhen vor die rund 600 Aktionäre. Verkleiden, verstellen, verkomplizieren? Ist nicht ihr Ding. Fränzi Kühne findet, dass wir alle am besten entspannt und wir selbst bleiben sollten. Ein schönes Erfolgsrezept.
Im Interview mit Coding Kids erzählt Kühne, warum Eltern unbedingt Digitalkompetenz brauchen, wie es Frauen an die Spitze schaffen und wie sehr sie darauf hin fiebert, mit ihrer Tochter die ersten Programmierschritte zu machen.
Du hast Jura studiert und 2008 in Berlin die Digitalagentur „Torben, Lucie und die gelbe Gefahr“ gegründet. Klingt nach einem Quereinstieg.
So richtig war er das nicht. Ich habe damals privat Studi VZ und Facebook genutzt. Mich hat alles Digitale von Anfang an sehr interessiert und ich habe viel darüber gelesen. Irgendwann sagten Christoph, Boontham und ich: „Lass mal was gründen!“ – daraus entstand die Digitalagentur TLGG. Aus einer totalen Leichtigkeit heraus. Ich dachte: Wenn es nichts wird, mache ich halt mein Jura-Studium weiter und gehe irgendwann zum BKA. (lacht)
Heute bist du die jüngste Aufsichtsrätin in einem börsennotierten Unternehmen. Kannst du für andere Frauen ein Vorbild sein?
Das hoffe ich doch! Das ist zumindest auch ein Grund, warum ich das mache. Wir haben ja jetzt die Frauenquote. Ich muss es so sagen: Sie ist leider eine gute Sache. Denn ich finde es schade, dass wir sie überhaupt brauchen. Aber wir leben in einem Umfeld, in dem der Impuls fehlt, Frauen an die Spitzen zu befördern. Auf der anderen Seite möchte ich den Mädels zeigen, dass man nicht erst 50 Jahre alt werden und Hosenanzüge tragen muss, um beruflich etwas zu erreichen.
Sondern?
Wenn man entspannt ist und in einem bestimmten Bereich Kompetenz hat, kommt man nach oben und hat Erfolg. Da ist das Geschlecht egal. Ich rate jungen Frauen, es einfach nicht zum Thema zu machen, welches Geschlecht man hat. Sondern menschlich zu agieren, respektvoll, freundschaftlich, auf Augenhöhe. So will doch jeder arbeiten. Ich finde es immer schade, wenn es im geschäftlichen Rahmen zu förmlich wird. Es ist, als wäre man in einer anderen Welt gelandet.
Du bist seit über einem Jahr Mutter. Wie hat dein Umfeld reagiert?
„Es ist eine elterliche Pflicht, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen und eine Haltung zu entwickeln.“
Fränzi Kühne
Als ich schwanger war, gab es Leute im Freundeskreis, die sich darüber gewundert haben, dass ich schnell zurück zur Arbeit möchte. „Eeecht, Fränzi! Jetzt warte erst mal ab, bis dein Baby da bist!“ Im Berufsleben wurde ich eher für meine Pläne belächelt. Da dachte ich: Meine Güte, was haben die alle bloß mit dem Kinderkriegen?! Ich habe es aber so gehandhabt wie mit allem im Leben: gelassen bleiben und mich im Vorhinein nicht verrückt machen.
Du bist Digital-Profi. Wie wirst du deine Tochter an diese Welt heranführen?
Ich bin wirklich schon ganz wild darauf, mit ihr Dinge auszuprobieren und habe ihr bei Kickstarter ein Coding-Set für Kleine gekauft. Gerade ist sie 16 Monate alt, es ist also noch zu früh. Aber wenn es so weit ist, legen wir los. Ich bin auch Fan davon, Coding-Sets an die Kinder meiner Freunde zu verschenken.
Möchtest du deine Tochter später auf eine Schule schicken, in der sie programmieren lernt?
Ach, auf das Bildungssystem warten macht wohl eher keinen Sinn! Die Schulen sind noch so weit hinterher – bis meine Kleine eingeschult wird, spielt die Digitalisierung im Klassenraum bestimmt noch immer keine Rolle. Allerdings glaube ich, dass die jungen Lehrer mehr und mehr digitale Kompetenz mitbringen und die ollen Arbeitsblätter abschaffen. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich werde meiner Tochter auf jeden Fall Digitalkompetenz beibringen, sie zum Beispiel privat programmieren lernen lassen.
Warum ist es deiner Meinung nach wichtig, dass Kinder coden können?
Unsere Zukunft wird immer mehr auf Software basieren. Es ist essentiell, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie beispielsweise technische Geräte funktionieren, um die digitale Zukunft mitgestalten zu können. Das muss Kindern vermittelt werden – da sind aber vor allem auch die Eltern gefordert und nicht nur die Pädagogen.
Es fängt also bei der Digitalkompetenz der Eltern an?
Ganz genau. Es ist eine elterliche Pflicht, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen und eine Haltung zu entwickeln. Einfach zu sagen: „Das Internet ist böse und schlecht für mein Kind“ ist zu einfach. Klar haben viele Scheu vor dem Unbekannten. Aber alles Digitale als Feind zu sehen, geht mir zu weit. Digitalisierung ist unsere Zukunft. Und deshalb müssen Kinder eine Digitalkompetenz erlernen. Da rede ich nicht mal von Programmieren lernen oder IT als Pflichtfach.