Mittlerweile gibt es außerdem Versicherungsangebote, die vor Cybermobbing schützen sollen. Mit „Robin Childhood“ etwa haben die Hamburger Versicherungsmakler Kathleen Pohlers und Alexander Spiegel ein solches Angebot geschaffen. Es ist nicht das erste dieser Art, aber das umfassendste, weil es auch bei Gefahren wie Cyberstalking oder Cybergrooming greift, also der sexuell motivierten Annährung Erwachsener an Kinder im Internet. „Als Eltern haben wir uns darüber geärgert, wie machtlos man solchen Gefahren aus dem Internet gegenübersteht“, sagt Pohlers.
Die Versicherung umfasst ein Experten-Netzwerk und verspricht schnelle Hilfe im Ernstfall. Psychologen betreuen das Opfer, IT-Forensiker sichern Beweise und Juristen entfernen kritische Inhalte aus dem Internet. „Man hört ja ständig, dass das Internet nicht vergisst und einmal eingestellte Inhalte nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind“, sagt Spiegel, „aber das stimmt einfach nicht.“ Auf Medienrecht spezialisierte Juristen könnten die meisten Inhalte binnen weniger Tage löschen lassen und zudem rechtliche Schritte einleiten, falls den Mobbern anders nicht beizukommen ist. Zwar gibt es in Deutschland kein Gesetz gegen Cybermobbing. Doch viele damit verbundene Handlungen wie Nötigung, Verleumdung, üble Nachrede oder Beleidigung sind strafbar. Auch zivilrechtliche Schritte wie schriftliche Abmahnungen oder Unterlassungsklagen sind eine Option. „Oft reicht die Androhung solcher Schritte schon, schließlich geht es um Jugendliche und nicht um Schwerverbrecher“, sagt Spiegel. Doch auch wenn solche Maßnahmen nur in wenigen Fällen nötig sind oder einen Ausweg bieten, wenn die Schule die Situation nicht in den Griff bekommt – Pohlers und Spiegel ist die Botschaft wichtig: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.“
Wie schwer es ist, sich gegen Angriffe im Netz ohne professionelle Hilfe zu wehren, hat Sylvia erfahren. „Meine Mitschüler nutzten ICQ und Schüler-VZ, um sich abzusprechen und Gerüchte in die Welt zu setzen. Es war unmöglich, sich vor der Demütigung zu schützen“, erzählt sie. Schließlich vertraut das Mädchen sich ihren Eltern und der Schulleitung an. Doch zunächst ändert sich wenig. Die Vertrauenslehrerin rät ihr, die Schule nicht zu wechseln, weil dieser Schritt den Tätern in die Hände spielen würde. Der Rat entspricht der Einschätzung vieler Experten. „Es ist wichtig, dass im Zweifel eher der Täter als das Opfer die Schule wechselt. Im Idealfall können aber beide an der Schule bleiben“, sagt Seifried, der fast drei Jahrzehnte als Schulpsychologe gearbeitet hat. Das funktioniere allerdings nur, wenn es gelingt, das Mobbing konsequent zu unterbinden. Bei Sylvia hat das nicht funktioniert, sie wechselt schließlich auf ein anderes Gymnasium. Für sie war das die richtige Entscheidung: „Es kommt immer auf das Stadium an, in dem sich die Gruppendynamik des Mobbings befindet. Es sollte um die Bedürfnisse des Betroffenen gehen. Fühlt dieser sich nicht mehr in der Lage die Schule zu besuchen, sollte auch ein Wechsel nicht pauschal ausgeschlossen werden.“