I Busch BA-T

Vorbild

Eine Stadt im Unterricht erlebbar machen

Wie Lehrer Micha Busch digitale Tools nutzt, um die Schülerbeteiligung zu erhöhen.

An zahllosen Orten Deutschlands bringen Lehrerinnen und Lehrer digitale Inhalte, Ansätze und Ideen in die Klassenzimmer. In der Serie „Das Vorbild“ stellt Coding Kids Pädagogen und ihre ausgewählten Projekte vor. Lehrer Michael Busch aus Hamburg unterrichtet Deutsch und Englisch. Er nutzt digitale Tools, um mit seinen Schülern neue Lernwege zu gehen und nebenbei die Schülerbeteiligung zu erhöhen. So kann es im Englisch-Unterricht auch schon einmal um die Planung einer New-York-Reise gehen. Ein Interview über seine Erfahrungen.

Herr Busch, wie nutzen Sie digitale Inhalte und Techniken im Schulalltag?

Michael Busch
Michael Busch

Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit. Ich nutze digitale Medien da, wo sie für meine Arbeit hilfreich sind. So wie im Alltag auch. Ich brauche z.B. nicht immer mein Navi, wenn ich mit dem Auto fahre, aber manchmal kann es sehr nützlich (oder sogar Voraussetzung) sein, um ans Ziel zu kommen.

Die Frage, die aus meiner Sicht viel wichtiger ist, lautet: Wie nutzen die Schülerinnen und Schüler digitale Inhalte und Techniken in Ihrem Unterricht? Auch hier würde ich antworten: Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit. Meine Aufgabe dabei ist es unter anderem, ihnen Wege aufzuzeigen, gesuchte Informationen, Inhalte und Kontakte zu finden und zu bewerten oder die richtigen Werkzeuge für die jeweilige Situation auszuwählen, um z.B. ortsunabhängig zusammenzuarbeiten, um Wissen zu organisieren oder ein Lernprodukt zu erstellen.

„Wenn digitale Inhalte und Techniken im schulischen Lernprozess selbstverständlich werden, dann bedeutet das für meinen Unterricht, dass das Smartphone (fast immer) genutzt werden kann.“ Micha Busch

Wenn digitale Inhalte und Techniken im schulischen Lernprozess selbstverständlich werden, dann bedeutet das für meinen Unterricht, dass das Smartphone (fast immer) genutzt werden kann. Es bedeutet, dass ich bestimmte überlieferte Arbeitsformen und Prüfungsformate hinterfrage und die Rahmenbedingungen für unterrichtliche Lernprozesse ändere. Und es bedeutet auch, dass ich von und mit den Kindern und Jugendlichen über die Möglichkeiten digitaler Medien lerne und mich gleichzeitig als Lehrperson kritisch-reflexiv mit der digitalen Transformation auseinandersetzen muss, denn nur so kann ich glaubhaft für die Herausforderungen der digitalen Welt sensibilisieren.

Welches Digital-Projekt ist ihnen besonders geglückt?

Ein Englischprojekt in einer 8. Klasse ist mir gut in Erinnerung geblieben. Es war rückblickend ein tolles Projekt, zumal es aus der Not heraus geboren wurde. Das Thema war „New York“ und die Schüler hatten überhaupt keine Lust auf das Thema, weil sie demotiviert waren von Jahren der Aufgabenabarbeitung in Buch und Arbeitsheft. Also habe ich mir überlegt, wie man diese Stadt erlebbar machen könnte. Hinfliegen war aus verschiedenen Gründen nicht möglich, aber es gab ja auch damals schon das Internet. Und einen Computerraum hatten wir auch. Ich habe den Raum für mehrere Doppelstunden reserviert und den Schülern die Aufgabe präsentiert: Plant eine (fiktive) 14-tägige Reise nach New York City für zwei Personen. Arbeitet im Team. Euer Budget beträgt 5.000 Dollar. Findet mindestens zwei Unterkünfte in unterschiedlichen Stadtteilen Manhattans. An jedem Tag muss eine Vormittags- und eine Nachmittagsaktivität geplant sein. Dazu gehören Angebote aus dem Kulturprogramm der Stadt, der Unterhaltung und dem Sport sowie Sehenswürdigkeiten. Außerdem müsst ihr für jeden Tag ein Mittagessen und ein Abendessen sowie die Fahrten mit dem ÖPNV organisieren. Präsentiert eure Reise am Ende den anderen Schülern.

Die Schüler haben Flüge verglichen und günstige Verbindungen herausgesucht. Sie haben Google Maps und Street View genutzt, um sich in der Stadt zu orientieren. Sie haben über Airbnb und Hotelseiten nach Unterkünften gesucht. Sie haben Museumsseiten nach Öffnungszeiten, Eintrittspreisen und Ausstellungen durchsucht. Sie haben die Sportclubs der Stadt und angesagte Musikclubs recherchiert. Sie haben verschiedene Parks herausgesucht, Stadtspaziergänge erstellt oder Bootstrips zur Freiheitsstatue ausfindig gemacht sowie das Liniennetz der New Yorker Metro kennengelernt. Dabei mussten sie ihr Budget im Blick behalten. Die fertige Reise haben sie digital aufbereitet (die meisten haben eine klassische Bildschirmpräsentation gewählt) und mithilfe der Futur-Zeitformen präsentiert. All das engagiert, selbstorganisiert und natürlich auf Englisch. Es hat ihnen Spaß gemacht.

Auf welche Hürden sind Sie dabei gestoßen, woran sind Sie gescheitert?

Wir haben ziemlich schnell gemerkt, das die Stadt sehr teuer ist und dass 5.000 Dollar schnell ausgegeben sind … Nein, im Ernst: Eine der Herausforderungen war es, die Schüler dazu zu bringen, auf den englischen Webseiten zu recherchieren, was mir als Englischlehrer wichtig ist. Zudem sollten sie sich untereinander auf Englisch verständigen, was nicht immer leicht war, da die Gesprächsgegenstände sehr unterschiedlicher Natur waren.

Was haben Sie aus dem Projekt mitgenommen – und was können andere Pädagogen daraus lernen?

Ich versuch’s mal pseudo-poetisch: In jedem Schüler – auch in den scheinbar lethargischsten Jugendlichen – glimmt die Glut der Motivation, die es zu entfachen gilt.

Zur Person

Michael Busch arbeitet als Lehrer an der Stadtteilschule Am Heidberg in Hamburg-Langenhorn, er unterrichtet die Fächer Deutsch und Englisch. Neben seiner schulischen Arbeit ist er auch am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung im Referat Medienpädagogik tätig. In seiner Freizeit betreibt er den Blog Smart Classroom Learning und organisiert zusammen mit dem betahaus Hamburg die eduDrinks Hamburg. Im März ist sein Buch „55 Webtools für den Unterricht“ im Auer-Verlag erschienen.

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