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Vorbild

Wie Schüler mündige „digital citizens“ werden

Lehrerin Annemieke Akkermans lässt ihre Schüler Erlebtes digital zu Geschichten verarbeiten.

An zahllosen Orten Deutschlands bringen Lehrerinnen und Lehrer digitale Inhalte und Ansätze in die Klassenzimmer. In der Serie „Das Vorbild“ stellt Coding Kids Pädagogen und ihre ausgewählten Projekte vor. Lehrerin Annemieke Akkermans arbeitet an der internationalen Nelson-Mandela-Schule in Berlin, neben Englisch, Sachkunde und Kunst lehrt sie dort auch Medienbildung.

Frau Akkermans, wann haben Sie digitale Techniken für sich entdeckt?

Annemieke Akkermans
Annemieke Akkermans

Bevor ich Lehrerin wurde, war ich im Medienbereich tätig und habe mir selbst beigebracht, Videos zu drehen und zu schneiden. Ab 2000 gab es dann immer mehr Möglichkeiten, sich online fortzubilden, so habe ich HTML und Webseiten-Design gelernt. Ich war sehr stolz auf meine erste Webseite, die ich mithilfe von Dreamweaver und viel Mühe gebaut hatte. Damals war das noch recht aufwändig und auch zeitintensiv. Videoschnitt-Programme wie Avid oder Adobe Premiere kosteten viel Geld und waren nicht leicht zu bedienen. Jetzt sind die Möglichkeiten endlos, es gibt fantastische Programme die mittels block-editing oder block-coding sehr einfach sind. Und es gibt viele tolle Apps und Programme.

Haben Sie da Favoriten?

Zum Weiterlesen:

Aber ja, es gibt einige, die sich schon seit Jahren bewährt haben. Beispielsweise erstelle ich schon lange unsere Klassen-Webseite einfach und mobil in Weebly und kreiere mit einer App namens Magisto innerhalb von 15 Minuten eine Video-Impression von einem Besuch im Zoo. Weil man bei der Arbeit mit Schülern immer sehr auf den Datenschutz achten muss, arbeite ich mit der bezahlten Version von Weebly, damit wir das Blog passwortgeschützt mit den Eltern teilen können.

Übrigens habe ich das große Glück, dass meine Kollegin genauso gerne digitale Medien im Unterricht einsetzt wie ich. Wir benutzen digitale Techniken natürlich nicht nur für die Aufnahme und das Teilen der schulischen Prozesse. Das selbständige Lernen und Reflektieren ist in unserer Klasse wichtig – und digitale Medien unterstützen uns dabei.

Wie muss man sich das vorstellen?

„Die Veröffentlichung der Schülerarbeit ist wichtig. Es motiviert die Schüler, sie wollen es beim nächsten Mal wieder genauso toll machen!“ Annemieke Akkermans

In unserer bilingualen SAPH-Klasse (Schulanfangsphase) lernen Erst- und Zweitklässler. Freitags reflektieren wir gemeinsam die Woche, und dazu benutzen die Schüler auch ClassDojo, eine Art virtuellen Online-Klassenraum, wo sie sich mittels Avatar als kleine süße Monster darstellen. Auch schreiben sie im zweiten Schuljahr schon Geschichten in Storybird – dieses Programm mögen auch ältere Schüler sehr gerne. Allein schon deshalb, weil ihre Geschichten durch die professionelle Illustrationen sofort richtig gut aussehen. Die Veröffentlichung der Schülerarbeit ist wichtig. Wir hängen Geschichten im Flur aus oder teilen sie über Storybird mit den Eltern. Es motiviert die Schüler, sie wollen es beim nächsten Mal wieder genauso toll machen!

Auf welches digitale Projekt sind Sie besonders stolz?

Letztes Jahr haben wir mit den Jungen Tüftlern ein Coding Projekt mit unseren Kleinen durchgeführt. Das war so unglaublich schön. Ich war selbst schon begeisterte Scratch-Userin und habe das auch immer gerne als Workshop mit den Fünft- und Sechstklässlern gemacht. Die Jungen Tüftler haben uns aber gezeigt, wie mit Scratch und Makey Makey auch Sechsjährige ihre eigenen Games bauen können – und das sogar mit selbstgebastelten Mäusen. Danach haben wir mit der Gruppe immer wieder mit Scratch programmiert, wobei die Schüler gelernt haben, zusammen zu arbeiten und auf kreative Art und Weise Probleme zu lösen. Sie verstanden am Ende des Projektes viel besser, was sich im Rechner abspielt und dass ein Rechner genau das macht, wonach er benannt wurde: rechnen! Wenn ein sechsjähriges Kind das zum ersten Mal begreift, ist es dabei, ein mitdenkender digitaler User zu werden – und dieser Prozess ist unglaublich wichtig. Schule soll nicht verbieten, sondern Schülern ermöglichen, mündige und selbständige „digital citizens“ zu werden.

Auf welche Hürden sind Sie bisher gestoßen?

Das Problem mit Coding in der Schule ist, dass es leider nicht im Berliner Rahmenlehrplan aufgenommen worden ist. Das bedeutet, dass wir für solche Projekte immer wieder erneut Zeit und Lehrer finden müssen. Die Fragen sind meistens: Wer integriert das Projekt in seinem Unterricht? Bei welchem Fach passt es? Auch wenn ich schon sehr zufrieden bin mit dem neuen Basiscurriculum Medienbildung, möchte ich gerne, dass problemlösendes Handeln dazu kommt. So wie es auch durch die Kultusministerkonferenz in ihre digitale Strategie als wichtige Teilkompetenz dargestellt wurde. Wir machen trotzdem mit unseren Coding-Projekten weiter. Im Moment läuft eine Zusammenarbeit mit Cornelsen: Eine Kollegin setzt Calliope Minis in ihrer vierten Klasse ein, damit die Schüler etwas über Stromkreise lernen. Welches Fach? Es geht um Verkehrserziehung!

Was haben Sie aus Ihren Projekten mitgenommen – und was können andere Pädagogen daraus lernen?

Programmieren für Grundschüler war lange Zeit ziemlich unbekannt. Deshalb haben wir einen Lehrerworkshop organisiert. Manche Lehrer kannten sich gut aus, andere hatten Berührungsängste. Was ich immer gerne propagiere, hat sich in diesem Projekt aber bewahrheitet: Die Lehrer haben zusammen mit ihren Schülern etwas Neues gelernt. Es war eine fantastische Erfahrung für alle Beteiligten. Was man daraus lernen kann? Auf jeden Fall, dass Lehrer den Umgang mit neuen Medien auch gemeinsam mit ihren Schülern ausprobieren und üben können. Es ist völlig in Ordnung, wenn man manchmal von seinem Podium runterkommt. Wie man auf Englisch so schön sagt: „Let’s not be the sage on the stage, but the guide on the side“.

Zur Person:

Annemieke Akkermans kommt aus Amsterdam, sie lebte in London und beschäftigt sich als Medienwissenschaftlerin seit 15 Jahren intensiv mit Medienbildung. Sie ist im Referat Medienbildung vom Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) und online als „educational technology“-Botschafterin unterwegs. Im Gespräch mit Coding Kids erklärt sie, wie wichtig es ist, dass Lehrer gemeinsam mit ihren Schülern den Umgang mit neuen Medien üben.

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