Es ist allseits bekannt und viel diskutiert: Die Frauenquote in technischen Studiengängen geht gegen Null und weibliche Software-Entwickler sind eine Rarität. Ich frage mich, warum ist der Spruch „Frauen und Technik“ eigentlich immer noch ein Augenverdreher? Ich vermute, wir hängen in alten Denkmustern und Vorurteilen fest: Technik ist dröge, starr, unkreativ – also Männersache.
In vielen Köpfen ist einfach noch nicht angekommen, dass Technologie mittlerweile eine Konstante in unserem Alltag ist. Und deshalb ein gewisses Grundverständnis von jedermann und auch „jederfrau“ voraussetzt! Wir brauchen dieses Verständnis nicht nur, um uns selbstbestimmt in einer zunehmend technologisierten Welt zu bewegen. Sondern auch, um neue Ideen entstehen zu lassen. Denn wie sollen Mädchen und Frauen zu Gestalterinnen der Zukunft werden, wenn viele von ihnen sie gar nicht verstehen?
Momentan wird dieses Bewusstsein aber weder von Eltern und Lehrkräften noch von der Politik ausreichend gefördert. Die herkömmlichen MINT-Initiativen für Mädchen (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) setzen zu spät an. Mit 14 Jahren haben die meisten Mädchen – wenn nicht von ihren Eltern, dann zumindest von der Gesellschaft – gelernt, dass Jungs die technikaffinen und sie eher die kommunikativen sind, weshalb sich ihr technisches Interesse oft darauf beschränkt, den Instagram- oder Snapchat-Filter einzustellen.
Doch bei aller Kreativität, die dort zum Ausdruck kommt: Das reicht nicht aus, um kompetent mit Medien umzugehen. Und deshalb müssen wir viel früher ansetzen und bereits in der Grundschule beginnen, Mädchen an Technik heranzuführen. Nehmen Mädchen im Grundschulalter an unseren Coding-Kursen in der HABA Digitalwerkstatt teil, funkelt die Begeisterung in ihren Augen und sie wollen die digitale Welt selbst gestalten. Treffen wir sie mit 14 beim Girls Day zum ersten Mal, ist dieses Funkeln verloschen oder schlicht nie geweckt worden.
Es ist unsere Aufgabe, Mädchen möglichst früh zu ermutigen, selbst aktiv und kreativ zu werden – und zwar indem wir sie altersgerecht ansprechen und ihnen die Vielfalt digitaler Möglichkeiten zeigen. Wir erleben in unseren Digitalwerkstätten täglich Mädchen, die sich selbstsicher und selbstbewusst mit Technik befassen und tolle Projekte erschaffen – angefangen bei einem Film mit der App Stop Motion Studio bis dahin, dass sie ihr erstes eigenes Spiel in Scratch programmieren.
Lassen wir also nicht zu, dass die Mädchen sich auf die Rolle der digitalen Konsumentinnen reduzieren, sondern wecken wir ihre Begeisterung und geben ihnen somit die Chance, echte Gestalterinnen der Zukunft zu werden!
Zur Person
Antonia Borek ist Chief Operating Officer (COO) bei der Softwarefirma Fox and Sheep sowie bei der HABA Digitalwerkstatt. Bei Coding Kids schreibt sie über digitale Bildung und Programmieren.