Alles fing damit an, dass ich mit meiner Tochter zufällig in einen Minecraft-Workshop geriet. Was ich dort beobachtete, ließ mich aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Neben uns am Tisch saß ein etwa sechsjähriger Junge, der im Computerspiel Minecraft schneller Häuser bauen und Welten erschaffen konnte, als ich gucken konnte. Ich war eigentlich beruflich auf dem EduCamp in Leipzig unterwegs. Auf einem „Education Campus“ treffen sich Menschen, die sich mit dem Thema Bildung beschäftigen. Mein Team und mich hatte der dortige Schwerpunkt digitales Lehren und Lernen dorthin geführt.
In einem sogenannten BarCamp treffen sich Menschen, die in einem sehr freien Format Themen vorstellen und sich zu Themen rund um (digitale) Bildung austauschen. Parallel zu dem Bereich für die Erwachsenen gab es auf dem EduCamp viele Angebote für Kids - Coding-Workshops, Minecraft-Workshops oder Makey-Makey-Workshops von den Jungen Tüftlern. Wir hatten zu Haus bis zu diesem Moment nur wenig Berührungspunkte mit „digitalem Spielzeug“ für Kids.
Und während ich also noch verblüfft den sechsjährigen Minecraft-Profi
beobachtete, schaffte auch meine neunjährige Tochter schon ihre ersten
Schritte in dieser digitalen Welt. Das einzig annähernd Vertraute für
mich war die Optik dieser digitalen Bauklötze, die mich an Legosteine
erinnerten.
Heute fühlt es sich so an, als gehörte Minecraft schon immer zu
unserer Familie. Meine Tochter verabredet sich mittlerweile mit ihren
Freundinnen auf einem gemeinsamen Server. Parallel zum Minecraft-Spielen
quatschen die Kids auf einem zweiten Gerät – gerne auf dem guten alten
Festnetztelefon. Mit großer Leidenschaft geben sie sich Tipps, schlüpfen
in ihre Rollen, sprechen über ihre Spielfiguren. Sie überlegen
gemeinsam, was sie als nächstes unternehmen wollen oder helfen sich
gegenseitig bei Problemen. Sie tauchen einerseits tief ein in ihre
Minecraft-Welt – und verabreden sich andererseits zum Ende des virtuellen Spiels dann gern direkt zum Tischtennis spielen auf dem Spielplatz um die Ecke.
Gemeinsam eintauchen in die digitale Welt
Was mich verblüfft? Zu beobachten, wie flink sie sich in dieser Welt bewegt und wie intuitiv sie das Spiel bedient. Ganz anders als ich, muss ich zugeben, ich fühle mich absolut unsicher in der Minecraft-Welt. Und das, obwohl ich es schon ein ums andere Mal ausprobiert habe! Was mich fasziniert? Minecraft ist ein Spiel, bei dem die Kids kreativ und kollaborativ, also gemeinsam mit ihren Freunden, eine Welt aufbauen, Schlösser und Burgen errichten, und dabei virtuos mit den Technologien umgehen und fantasievoll bauen und spielen.
Mehr zum Thema Minecraft
Start: Auf dieser Seite kann man Minecraft herunterladen und ein Nutzerkonto erstellen.
Dialog: Weltweit spielen Millionen Menschen Minecraft. Wer sich austauschen will, ist im Minecraft-Forum richtig.
Hilfe: Im Minecraft-Wiki finden sich vermutlich die meisten Informationen zum Spiel.
Meine Erkenntnis: Minecraft gibt Mädchen die Gelegenheit, sich Grundkenntnisse im Programmieren anzueignen. Und zwar in einer Umgebung, die sie selbst als angenehm empfinden und die ihnen Spaß macht. Warum also nicht mit Minecraft starten?
Minecraft ist mittlerweile auch in einigen Schulprojekten verankert. Die Steigerung der (Lern-)Motivation durch Gamification und E-Didaktik an Schulen und Hochschulen ist ein großen Thema, mit dem sich mittlerweile auch die Wissenschaft intensiv beschäftigt. Es ist keine Frage mehr, ob die Welt sich digitalisiert, sondern vielmehr, wie wir als Eltern oder Aus- und Weiterbilder darauf reagieren. Auch, um die erforderlichen Kompetenzen für die Zukunft unserer Kinder zu gestalten für Berufsbilder, die wir noch gar nicht kennen.
Mein Tipp: Kinder lernen den Umgang mit Technologien durch Spiele wie Minecraft sehr schnell und leicht. Sie gestalten ihr Spiel aktiv, statt nur zurückgelehnt zu konsumieren wie bei anderen Jump-and-run-Spielen. Begleiten Sie ihre Kinder am Anfang, probieren sie das Spiel gemeinsam aus (und gönnen Sie ihrem Kind den Erfolg, dass es vermutlich schnurstracks nach der Installation das Kommando übernimmt und Ihnen dann alles weitere erklärt). Beobachten Sie, ob ihr Kind Spaß hat beim Spielen oder doch noch eine helfende Hand benötigt. Und scheuen Sie sich auch nicht, die Dauer des Spielens sanft zu regeln. Sprechen Sie anschließend über die Eindrücke, um Unsicherheiten aufzuspüren. Lernen Sie mit und von ihrem Kind und tauchen sie gemeinsam ein in die digitale Welt.
Zur Person
Stefanie Quade schreibt in ihrer Kolumne über
digitale Lernwelten für Kinder. Wenn Stefanie nicht gerade für Coding Kids unterwegs ist, forscht sie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in
Berlin über E-Education und E-Didaktik und arbeitet als Dozentin und
Trainerin zu internationalem Projekt- und Innovationsmanagement. Sonst bloggt sie über E-Didaktik und Blended Learning oder zu ihrem Buch über Medieninnovation „DesignAgility“. Nebenbei promoviert sie in London zu Corporate Social
Learning. 2012 und 2013 erhielt sie den International
E-Learning Award an der Columbia University in New York City.