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Meinung

Programmieren in der Schule – ohne Wenn und Aber

Lehrer sollen zu Mentoren werden und sich ihre digitalen Kompetenzen bereits in der Pädaogenausbildung aneignen. Dafür plädiert Franziska Schmid. Sie ist eine der Chefinnen des gemeinnützigen Unternehmens Junge Tüftler.

Muss mein Kind programmieren lernen, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Eine Frage, die sich heute viele Eltern stellen. Es gibt darauf keine einfache Antwort, dafür aber vielversprechende Lösungsansätze. Ich bin davon überzeugt, dass es um digitale Teilhabe geht und nicht um die tatsächlich geschriebenen Zeilen Code. Jedes Kind – und auch jeder Erwachsene – muss ein Verständnis für die digitale Welt und Programmierkonzepte entwickeln, um Teil einer zukünftigen Gesellschaft sein zu können. Um gestalten zu können und nicht zum blinden Benutzer degradiert zu werden.

Digitalität ermöglicht es, Bildung hochgradig demokratisch zu gestalten. Deshalb sollten wir nicht darüber diskutieren, ob, sondern wie wir sie sinnvoll in die Schule bringen. Ich spreche mich nicht für IT als Pflichtfach aus. Das wäre zu kurz gegriffen. Viel besser wäre es, digitales Know-how so zu behandeln, wie es in unserem alltäglichen Leben längst Realität ist: Als Querschnittsthema, das bereits in jedem Beruf elementarer Bestandteil ist. Und so sollten wir mehr Energie dafür aufbringen, digitale Kompetenzen in alle Fächer zu bringen.

„Um Digitalität in der Schule von der Attraktion zum tatsächlichen Mehrwert zu bringen, brauchen wir Lehrer, die auch Mentor sein können.“ Franziska Schmid

Mit Laptopklassen zu argumentieren, ist aus meiner Sicht Augenwäscherei. Gutachten wie „Bildung 2030“ belegen, dass der bloße Einsatz von Computern oder Tablets nicht automatisch eine Kompetenzsteigerung der Schüler zur Folge hat. Mehr noch: Sie belegen, dass die Nutzung von Tablets im Unterricht eher negative Outcomes im Lernprozess vorweisen. Argument genug für viele Lehrende, wieder in die Welt des Tafelunterrichts zurückzukehren und das Digitale zu verteufeln. Diese Reaktionen sind nachvollziehbar, denn es ist wahrlich nicht leicht, mit bis zu 30 Kindern in einer Klasse sinnvoll und motivierend Programmierthemen anzugehen. Hier dürfen wir aber nicht zu schnell aufgeben, schließlich geht es um nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder und auch die Zukunft von Deutschland als Wirtschaftsstandort.

Ich plädiere dafür, digitale Kompetenzen bereits in der Pädaogenausbildung zu implementieren. Denn LehrerInnen haben keine Zeit, sich die Fähigkeiten anzueignen, während sie unterrichten, korrigieren, Lehrpläne mit Inhalten füllen und auch noch pädagogische Verantwortung übernehmen. Das Studium ist genau der richtige Zeitpunkt, denn da ist der Geist offen für Neues.

Und was noch viel wichtiger ist: Wir brauchen eine Veränderung des LehrerInnenbildes. Der Lehrer als Gatekeeper zum Wissen ist in der Realität längst abgeschafft. Nur die Schulmauern halten fest an dem angestaubten Bild, dass eine Person einziger Wissensvermittler ist. Lernen in der wirklichen Welt ist heute schon vielschichtig, vernetzt und dezentral. Jeder von uns hat sich Tutorials auf Youtube angesehen, ein Rezept auf Chefkoch nachgekocht oder die niemals versiegende Wissensquelle Wikipedia befragt. Die Lerninhalte sind online und unendlich. Aber deshalb auf Lehrkräfte? Niemals, wir benötigen sie mehr denn je, um den Kindern Herangehensweisen zu zeigen, sie zu inspirieren, sie zu challengen. Der Lehrer wird zum Mentor, das ist unsere Vision.

Zur Person

Franziska Schmid ist Cofounderin und Geschäftsführerin des gemeinnützigen Unternehmens Junge Tüftler und Geschäftsführerin der TüftelAkademie, einem Ausbildungsort für Digitale Kompetenzen. Ziel von Junge Tüftler ist es, Kindern den Computer als kreatives Werkzeug nahezubringen und ihnen zu zeigen, wie man komplexe Probleme kreativ und im Team lösen kann.

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