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Was, bitteschön, ist Service Design?

Intuitiv bedienbare Apps, die unseren Alltag erleichtern, sind inzwischen selbstverständlich. Aber wisst ihr so richtig, welches „Handwerk“ dahinter steckt? Wir erklären das zur Sicherheit mal.

Das Abendessen schnell über Lieferando ordern, ein Buch bei Amazon bestellen, parallel die Fahrkarte für den nächsten Tag kaufen – diese Handgriffe kennen wir alle. Wir nutzen dafür Apps. Sie begleiten uns ganz selbstverständlich und erleichtern den Alltag. Damit wir das genau so leicht empfinden, braucht es ein gutes Service Design.

Was sind überhaupt Services?

Viele denken, dass es sich bei Services um einfache Dienstleistungen, z. B. Kundenservices im Call Center, handelt. Aber sie sind viel mehr. Denn sie sind ganzheitliche Systeme, in denen mehrere Prozesse parallel stattfinden: Ein Service besteht zum einen aus dem Service-Angebot, also dem Mehrwert, den sich der Mensch mit der Nutzung verspricht. Nehmen wir als Beispiel den öffentlichen Verkehr. Der Mehrwert ist hier: Wir möchten einfach, schnell und möglichst preisgünstig von A nach B kommen. Wir nehmen diese Dienstleistung wahr, indem wir über die App mit dem Anbietenden interagieren, z.B. die Route berechnen lassen und eine Fahrkarte kaufen. Ein Service braucht auch immer eine Servicelandschaft, eine Infrastruktur oder Umgebung, in welcher der Service genutzt wird, z.B. die Haltestelle oder der Bahnhof.

Warum sind die Bedürfnisse der Menschen wichtig?

Service Design ist der Prozess der Gestaltung einer solchen ganzheitlichen Dienstleistung. Wird ein neues Produktangebot entwickelt, wird normalerweise mit der Konzeption von technischen Anforderungen, z.B. neuen Technologien und Funktionsbeschreibungen begonnen. Erst am Ende wird geschaut, wie das Produkt zum Menschen passt. Im schlechtesten Fall wird es ein Flop, für den sich niemand begeistert.

Im Service Design wird es genau umgekehrt gemacht. Der Mensch, also die Nutzer:in, wird dabei in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Daher werden die Nutzeranforderungen und der gesellschaftliche Kontext an den Anfang gestellt. Um dessen Interaktionen und Bedürfnisse herum werden Prozesse und Abläufe kreiert, die so reibungslos und stabil wie möglich sein müssen. Ziel ist, ein echtes Nutzererlebnis zu schaffen. Die Entwicklung findet entsprechend der Bedürfnisse der Nutzer:innen oder weiterer am Service Beteiligten - den Stakeholdern - statt. Beispielsweise wären Stakeholder beim öffentlichen Verkehr u.a. das Kontroll- oder Reinigungspersonal. Am Ende entsteht ein Service, der für die Nutzer:innen relevant und attraktiv ist, der gern und oft genutzt wird. Gleichzeitig soll dieser natürlich auch wettbewerbsfähig gegenüber anderen Anbietenden sein und Umsatz generieren.

Die Grundlage für die Entwicklung bildet das Verständnis für die Nutzer:innen, die Frage nach ihren teilweise versteckten Bedürfnissen, ihrem Verhalten, Werte und Motivationen. Das Ganze ist ein hochdynamischer, interaktiver und sehr komplexer Prozess, bei dem Menschen, Technologien, Produkte und das entsprechende Marketing aufeinander abgestimmt sein müssen. Genau hier kommt ein:e Service Designer:in ins Spiel – er bzw. sie hält alle Fäden in der Hand und ist das Bindeglied zwischen allen Bereichen.

Um alle aufgezählten Faktoren einfließen lassen zu können, durchläuft der Entwicklungsprozess verschiedene Recherche-, Konzeptions- und Testphasen. Diese Phasen sind iterativ, also wiederholend, aufgebaut. Somit können die Lösungen immer wieder getestet und kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Service Design Illu2

Was ist die Kernaufgabe ein:er Service Designer:in?

Die Rolle der Service Designer:innen ist es, bei allen Prozessen den Überblick zu behalten. Alle Aspekte kann natürlich kein:e Service Designer:in alleine leisten. Sie arbeiten dafür eng mit einem interdisziplinären Team zusammen, so dass alle notwenigen Kompetenzen mit an Bord sind. Das sind bspw. Data-Analysten, Grafik Designer:innen oder Architekt:innen.

Ist ein neuer Service erfolgreich veröffentlicht, bleibt der kontinuierliche Feedbackprozess bestehen und sorgt so dafür, dass der Service „mitwächst“ und sich auch veränderten Lebensrealitäten seiner Nutzer:innen anpassen kann.

Warum hat Service Design so viel Potential?

Services machen den Unterschied und werden ein ganz entscheidender Faktor in Sachen Zukunftsfähigkeit sein. Der Grund ist das große Angebot: Heutzutage haben wir in nahezu allen Gebieten die freie Wahl. Suchen wir nach einem Produkt oder einer Dienstleistung, fällt schnell auf, dass es unglaublich viele ähnliche Angebote gibt. Es gibt ein Überangebot an Waren und Dienstleistungen, die sich im Kern wenig unterscheiden. Wenn Unternehmen aus dieser Masse an Angeboten herausstechen wollen, dann können sie das am besten über ein interessantes Erlebnis für Kund:innen bzw. Nutzer:innen – z.B. indem sie den Alltag erleichtern oder Begeisterung hervorrufen.

Braucht man mehr Service Designer:innen in der Zukunft?

Unbedingt! Die Möglichkeiten für Service Design in der näheren Zukunft sind schier unerschöpflich. Um attraktiv für Kund:innen und damit auch zukunftsfähig zu sein, werden Unternehmen immer stärker auf Services setzen müssen. Die Zielgruppen von heute sind nicht unbedingt die Zielgruppen von morgen. Services werden in Zukunft noch viel stärker unsere Leben und unser Verhalten verändern und komplett neue Systeme entstehen lassen.

Ein entscheidender Faktor kann Service Design aber auch in Sachen Nachhaltigkeit sein. Die absolute Fokussierung auf die Nutzenden wird vor allem bei Konsumgütern eine immer präzisere Antwort auf die Frage „Welche Angebote und welche Sortimente brauchen wir wirklich?“ liefern. Überflüssige und an Nutzer:innen vorbei erdachte Ideen sowie der unnötige Verbrauch von Ressourcen können so vermieden werden.

Zur Autorin

Frieda Bellmann ist Director of Human-Centered Innovation bei VORN Strategy Consulting. Frieda ist Expertin, wenn es darum geht, die Veränderung in der Mobilität voranzutreiben. Bei VORN arbeitet sie nach einem menschen-zentrierten Ansatz, der ermöglicht, wegweisende Konzepte für die Mobilität der Zukunft zu entwickeln, die echte Probleme lösen.

Illustrationen: Web Vector, Foto: Sophie Bellmann

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