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Was, bitteschön, ist ein Influencer?

Influencer sind bei Kindern und Jugendlichen gerade schwer angesagt: Sie himmeln die Internet-Berühmtheiten an, nehmen sie als Bestandteil ihres Lebens wahr. Ein Hype, der bald vorübergeht?

Quatsch oder nicht?

Die digitale Welt steckt voller schräger Phänomene. Coding Kids erklärt, ob sie Humbug sind – oder ob sich jeder einmal damit beschäftigen sollte.

Das sind ... Influencer

Nicht zu verwechseln mit Influenza. Das ist eine Virusgrippe. Der Begriff Influencer kommt aus dem Englischen und bedeutet, jemanden zu beeinflussen. Kinder und Jugendliche (und natürlich auch Erwachsene) folgen Influencern auf Instagram, Youtube und Facebook, also in sozialen Netzwerken. Sie schauen sich deren Fotos und Videos an, finden ihre Hashtags cool und hätten am liebsten einen ähnlichen Lifestyle wie ihre Idole. Also vor allem die Produkte, die sie tagtäglich in die Kameras halten. Internet-Berühmtheiten sind etwa die Zwillinge Lisa und Lena (über 11,8 Millionen Follower auf Instagram), Bibi (über 4,5 Millionen Abonnenten auf Youtube), Die Lochis (über 2,4 Millionen Abonnenten auf Youtube) und Caro Daur (über 1,2 Millionen Follower auf Instagram).

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Ok, was sind Influencer wirklich?

Influencer sind Menschen, die jeden banalsten Schnipsel ihres Lebens öffentlich machen. Diese Schnipsel sind allerdings in teilweise absurdem Ausmaß inszeniert (die Influencer nennen es „Plandid“. Der Begriff meint ein Foto, das detailliert gestellt ist, aber nicht so wirken soll. Dieses Video erklärt, wie es geht). Das kann ein Foto vom Essen im Restaurant sein oder ein Selfie im Auto, während man gerade auf grün wartet. Manche möchten der Welt auch mitteilen, welches Lied sie gerade hören oder ob sie sich heute für weiße oder schwarze Turnschuhe entschieden haben. Während noch vor zehn Jahren die klassischen Medien entschieden haben, wer zur Berühmtheit wird und wer nicht (Gatekeeper-Rolle), entscheidet heute die digitale Allgemeinheit, um wen ein Hype veranstaltet wird. Die neue Währung ist die Anzahl der Menschen, die den Influencern folgen – also die Follower.

Influencer sind Menschen, die jeden banalsten Schnipsel ihres Lebens öffentlich machen. Diese Schnipsel sind allerdings in teilweise absurdem Ausmaß inszeniert.

Und die Werbeindustrie? Viele Firmen haben seit geraumer Zeit das sogenannte Influencer-Marketing für sich entdeckt. Sie schicken den digitalen Promis ihre Produkte zu und hoffen, dass sie sich in ihren Bildern und Videos mit dem jeweiligen Shampoo oder Müsli-Riegel zeigen. Oder sie hecken gleich Werbedeals aus. Der Influencer zeigt sich dann mit Sonnenbrille oder Handtasche der jeweiligen Marke und wird dafür bezahlt. Kritiker sagen, dass für den Betrachter häufig nicht gleich klar ist, welche Posts gesponsert (also bezahlt) sind und welche nicht. Werbung ist in sozialen Netzwerken also weniger transparent als in den klassischen Medien.

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Was soll der Hype?

Für die Follower und Fans sind Influencer ein fester Bestandteil ihres Lebens. Wie eine Daily Soap, die sie nicht verpassen wollen. Wo reist Caro Daur morgen hin? Welchen Song performen die Zwillinge Lisa und Lena heute Nachmittag? Das Geheimnis ist recht banal: Influencer sind total nah dran an den Kids. Sie drehen ihre Clips aus Kinderzimmern, sprechen die Sprache ihrer jungen Fans, haben dieselben Themen. So, wie sich die heutigen Erwachsenen früher in die Welt der Beatles (heute: Großeltern) oder Take That (heute: Eltern) hineingeträumt haben, träumen sich Kinder und Jugendliche in die schillernde Welt der Internet-Stars hinein. Und so, wie wir im Zeitalter der Boybands in den Neunzigern nicht wahrhaben wollten, dass es sich mehr um ein Casting-Produkt handelt und weniger um hochbegabte Sänger, sehen unsere Kinder und Enkel heute in den Influencern echte Idole.

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Kennt die Influencer nächstes Jahr noch irgendwer?

Definitiv. Denn die Industrie ist gerade richtig heiß darauf, ihre Produkte durch Influencer vermarkten zu lassen. Aber langsam sickert auch bei den Werbetreibenden durch, dass eine 15-Jährige noch lange keinen teuren Sportwagen kauft, nur weil eine langbeinige Influencerin sich auf dessen Kühlerhaube räkelt. Denn, Überraschung: Teenagern fehlt häufig das Budget für Prada-Handtaschen und Chanel-Lippenstifte.

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Also, Quatsch oder nicht?

Wir sollten die Idole unserer Kinder ernst nehmen und es nicht als kommerziellen Blödsinn abtun, wenn sie uns ihr Smartphone unter die Nase halten und sagen: „Jetzt schau doch mal, wie lustig die Lochis sind!“ Unsere Eltern konnten auch nicht verstehen, warum wir stundenlang vor VIVA oder MTV saßen und gebannt ein Musikvideo nach dem anderen angeschaut haben. Man muss diese etwas schräge und sehr inszenierte Welt der Influencer nicht gut finden. Aber man sollte sein Kind mit seinen Schwärmereien respektieren. Nur so können wir uns den Zugang zu ihnen erhalten. Und: Kinder und Jugendliche sind nicht blöd. Sie haben feine Antennen dafür, wann jemand den Bogen in Richtung Kommerzialisierung überspannt. Bleiben wir also locker. Was für viele Eltern nicht ganz so einfach ist, wenn ihr Kind als Berufswunsch Influencer nennt. Aber mal Hand aufs Herz: Wer hat nicht wenigstens ein Mal davon geträumt, MTV-Moderator zu werden? Na also.

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