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Vorbild

Pokémons fangen im Informatikunterricht

Lehrer Thomas Rau setzt im Unterricht auf Themen, die seine Schüler aus ihrer Freizeit kennen.

An zahllosen Orten Deutschlands bringen Lehrerinnen und Lehrer digitale Inhalte und Ansätze in die Klassenzimmer. In der Serie „Das Vorbild“ stellt Coding Kids Pädagogen und ihre ausgewählten Projekte vor. Lehrer Thomas Rau arbeitet an einem Gymnasium in Bayern, neben Deutsch und Englisch lehrt er dort auch Informatik. Im Gespräch mit Coding Kids erklärt er, warum er im Informatikunterricht auf Themen aus der Lebenswelt seiner Schüler setzt.

Herr Rau, wie nutzen Sie digitale Inhalte und Techniken in der Praxis?

Thomas Rau
Thomas Rau

Ständig, natürlich! Meine Schule hat ein digitales Notenbuch, ein digitales Absenzenbuch, ein digitales Kommunikationssystem. Sprechstunden und Elternsprechabende werden online gebucht. Für die Unterrichtsvorbereitung brauche ich den Computer dauernd – Audiomaterial und Arbeitsblätter, Recherche und Programmierung. Selten nutze ich dafür Tablet oder Smartphone. Während des Schultages mache ich meine Notizen handschriftlich auf kleine Zettelchen, die ich irgendwo finde – im Lehrerzimmer, auf Tischen, in meinen Unterlagen. Es ist jedenfalls noch nie so weit gekommen, dass ich mir solche Zettelchen bewusst bereithalten muss. Diese Zettelchen brauche ich, wenn mich eine Kollegin oder ein Kollege um etwas bittet oder ich aus anderen Gründen an etwas denken muss, und am Nachmittag werden die Zettelchen aus der Hosentasche gekramt und entweder gleich abgearbeitet oder in den heimischen Computer übertragen.

Meine Schule ist gut ausgestattet, was Technik betrifft: In jedem Klassenzimmer gibt es Rechner und Beamer; wir haben zwei große Computerräume. Und diese Möglichkeiten nutze ich im Unterricht. Zuletzt habe ich im Deutschunterricht die Schülerinnen und Schüler aus der Schule geschickt, um Straßenumfragen zu machen und aufzunehmen; geschnitten wird das dann im Computerraum.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz?

Zum Weiterlesen:

Digital gibt es im Fach Informatik jedes Jahr Projekte, die stehen sogar im Lehrplan. Für den Erfolg sind die Schülerinnen und Schüler verantwortlich. Im Moment bauen wir eine Art Pokémon Go nach (ein beliebtes Smartphone-Spiel, das Augmented Reality nutzt). Das entwickeln wir unter Windows, nicht am Smartphone. Die Grafik übernehme ich, die Schülerinnen und Schüler entwickeln die Spiellogik und jeder programmiert eine eigene Geisterfigur, die man dann fangen und sammeln kann. Die Zeichnungen dazu werden von Hand skizziert und dann eingescannt. Das Spiel wird ein Geisterdetektor, mit dem man die ansonsten unsichtbaren Kreaturen um uns herum sichtbar machen und einfangen kann. Ähnlich wie bei Ghostbusters. Die Idee gefällt mir sehr, weil die Schüler und Schülerinnen das Spiel Pokémon Go kennen und sich an diesem Beispiel der ganze Inhalt des Fachs Informatik in diesem Jahr aufhängen lässt.

Auf welche Hürden sind Sie dabei gestoßen?

Beim nächsten Mal würde ich mehr vorgeben. Dieses Mal musste es schnell gehen, da ich das Projekt quasi parallel zum Unterricht entwickelt habe. Weiter muss ich mehr berücksichtigen, dass im Pflichtfach Informatik alle Schülerinnen und Schüler sitzen, auch die, die sonst den Umgang mit Computern oder das Programmieren scheuen. Die arbeiten zusammen mit anderen, die schon in ihrer Freizeit ein wenig programmieren. Das Projekt dient in dieser Jahrgangsstufe ja dazu, dass die Jugendlichen modellieren und programmieren lernen, und da sind die Geschwindigkeiten sehr unterschiedlich. Ich bereite das gerne sorgfältiger vor, mit vielen Arbeitsblätter voller Basisaufgaben für alle und Bonusaufgaben für diejenigen, die schnell fertig sind. Aber dafür bleibt selten Zeit. Wichtig ist dabei, dass die Schüler nicht einfach ziellos herumprogrammieren, sondern auch wissen, was sie dabei tun.

Was haben Sie aus dem Projekt mitgenommen - und was können andere Pädagogen daraus lernen?

„Man scheitert irgendwie immer, wenn man etwas Neues ausprobiert. Man sollte sich das nicht zu Herzen nehmen, weil man zugleich ja auch immer wieder Erfolg hat.“ Thomas Rau

Ich nehme mit, dass man immer irgendwie scheitert, wenn man etwas Neues ausprobiert. Man sollte sich das nicht zu Herzen nehmen, weil man zugleich ja auch immer wieder Erfolg hat. Beim nächsten Mal will ich vielleicht gleich eine Anwendung für Smartphones programmieren lassen, das ist für Schüler und Schülerinnen wohl noch motivierender. Doch da sind die Hürden groß: Die Software zur Android-Entwicklung ist nicht speziell für Schüler gedacht, und die Hardware oder einen Emulator in der Schule zum Laufen zu bringen, erfordert findige Systemadministratoren. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, etwas nachzubauen, das die Schüler bereits kennen – dann können Sie vieles besser einordnen.

Zur Person:

Thomas Rau unterrichtet seit knapp zwanzig Jahren an einem Gymnasium in Bayern, zuerst in den Fächern Deutsch und Englisch, heute auch in Informatik. Außerdem ist er in der Ausbildung von Informatiklehrern an der Universität tätig. Außerdem bloggt er über seine Erfahrungen und twittert.

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