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Vorbild

So gelingt digitaler Unterricht in der Grundschule

Caroline Frey verwirklicht mit ihren Grundschülern zahlreiche digitale Projekte. Der Umgang mit diesen Tools und Themen gehört für die Lehrerin in ein gutes medienbildendes pädagogisches Konzept.

An zahllosen Orten Deutschlands bringen Lehrerinnen und Lehrer digitale Inhalte und Ansätze in die Klassenzimmer. In der Serie „Das Vorbild“ stellt Coding Kids Pädagogen vor. Als Grundschullehrerin hat Caroline Frey schon Projekte wie Google Expeditions und eine Klassenhomepage verwirklicht. Gerade hat sie sich zum zum Open Roberta Teacher fortbilden lassen. Caroline Frey war anfangs erstaunt, wie wenig die digitale Veränderung unserer Gesellschaft bisher Einzug in die Schulen gehalten hat. Sie findet: Alle Methoden sollten sich dem Inhalt sinnvoll unterordnen. Und stellt sich in diesem Zuge die Frage: Welche Inhalte werden für zukünftige Erwachsene eigentlich relevant sein?

Frau Frey, wie nutzen Sie digitale Inhalte und Techniken in der Praxis?

Caroline Frey
Caroline Frey

Gar nicht? Nein, das stimmt nicht. Aber lange nicht so, wie ich mir das wünschen würde. Ich habe immerhin ein Smartboard in meiner Klasse, das zwar einige Aspekte von Unterricht für mich sehr erleichtert und sinnvoll ergänzt, für die Schüler aber ja nicht wirklich interaktiv nutzbar ist. Meine Schule ist mit zwei Computerräumen ausgestattet, in denen ich mit meinen Klassen versuche, einigermassen regelmäßig an unterschiedlichen Projekten (Antolin, Recherche, Website, Präsentationen, Calliope etc.) zu arbeiten.

Als ich als Lehrerin anfing, war ich mehr als erstaunt, wie wenig die digitale Veränderung unserer Gesellschaft bisher Einzug in die Schulen gehalten hat. Und das, obwohl sie das Leben der Schüler auf der anderen Seite so stark verändert und beeinflusst. Auf der Suche nach Ideen und Möglichkeiten, wie so etwas sinnvoll und auch medienbildend passieren kann, habe ich bis jetzt die folgenden Projekte ausprobiert:

1. GOOGLE EXPEDITIONS
Eher zufällig konnte ich mit meiner damals sechsten Klasse die Verbindung von VR und Unterrichtsinhalten ausprobieren. In der Theorie eine tolle Möglichkeit, sich Dinge aus einer weiteren (360°) Perspektive anzuschauen. So ist eine „Reise“ auf den Mond schon um einiges beeindruckender als ein Foto in einem Schulbuch, ein „Besuch“ in der Tiefsee oder bei den Pyramiden hoch motivierend für die Schüler und damit das Lernen vermutlich nachhaltiger. Auch die Umsetzung mit den kostengünstigen Papp-Cardboards und der Verbindungsmöglichkeit mit dem Guide-Tablet des Lehrers ohne eine Internetverbindung ist sehr „schulfreundlich“. Das Hauptproblem sind die benötigten Smartphones. BYOD kann man an einer Grundschule vergessen, funktioniert an weiterführenden Schulen aber wohl problemlos, wie mir berichtet wurde.

„Nur weil ich programmieren oder das 1x1 besser mit dem iPad lernen kann, habe ich noch nicht verstanden, wie ich schlau mit all den digitalen Möglichkeiten umgehen kann.“ Caroline Frey

2. KLASSENHOMEPAGE
„Ich wusste nicht mehr, was wir aufhatten!“, „Wie, wir schreiben heute die Mathearbeit?“, „Wann treffen wir uns nochmal morgen zum Ausflug?“ Wozu kann man das Internet ganz hervorragend nutzen? Aktuelle Informationen schnell und aktuell einer interessierten Gruppe von Menschen zur Verfügung zu stellen. So entstand die Idee einer Klassenhomepage, die ich mit einer fünften, später dann sechsten Klasse umgesetzt habe. Was für Inhalte brauchen und wollen wir, wie gehen wir mit dem Gästebuch um, gibt es einen Bereich für die Eltern, wie funktioniert das mit den Bildern, die wir verwenden wollen und mit den Fotos von uns selber? Es gab sehr viel zu lernen und das Ganze war auch noch nützlich. Es gab einen „Webseiten-Dienst“ der für die anstehenden Termine, Arbeiten und Hausaufgaben zuständig war und wir hatten einen Ort, an dem wir unsere ganz unterschiedlichen Arbeitsergebnisse (Texte, Bilder, Fotos, Filme) veröffentlichen konnten. Inzwischen bin ich als „Einäugige unter den Blinden“ auch für unsere Schulhomepage zuständig.

3. OPENROBERTA / CALLIOPE MINI
Gerade habe ich die Fortbildung zum Open Roberta Teacher absolviert und mit meiner dritten Klasse angefangen, den kleinen Minicomputer zu programmieren.

Wie reagieren die Schüler auf Ihren digitalen Unterricht?

Die SchülerInnen waren und sind hoch motiviert und total begeistert bei der Sache. Ich kann allerdings nicht beurteilen, ob und wie sich diese Dinge auch abnutzen, wenn sie nicht mehr so besonders sind, sondern zum ganz normalen Lernalltag dazugehören. Insgesamt ist es wie mit allen Methoden: sie sollten sich dem Inhalt sinnvoll unterordnen. Da stellt sich ja die eigentlich spannendere Frage, welche Inhalte denn für diese zukünftigen Erwachsenen relevant sind.

Auf welche Hürden sind Sie gestoßen?

Eine Hürde ist natürlich immer die finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen. Mal eben 25 Smartphones anzuschaffen, um regelmäßig mit den Expeditions arbeiten zu können, ist einfach nicht im Budget. In einem anderen Interview auf Coding Kids las ich, dass die iPad Klasse mithilfe von Crowdfunding zustande kam. Toll wenn das funktioniert – aber auch bezeichnend. Immerhin hat der Berliner Senat allen Lehrern, die die Open Roberta Teacher Fortbildung gemacht haben, diese nicht nur bezahlt, sondern auch einen Klassensatz Calliope Minis spendiert. Dann kann man auch damit arbeiten. Apropos: wenn es um Motivation geht, sind die Kinder nicht das Problem, bei den LehrerInnen müsste man anfangen.

Was haben Sie aus dem Projekt mitgenommen – und was können andere Pädagogen daraus lernen?

Caroline Frey

Caroline Frey, 48 Jahre alt, ist Grundschullehrerin an der Schweizerhof Grundschule in Berlin Zehlendorf, letzteres aber erst seit vier Jahren. Vorher war sie beruflich als Musikjournalistin unterwegs und ist daher auch erfahren im Umgang mit digitalen Medien. Im Moment ist sie Klassenlehrerin einer dritten Klasse und auf der Suche nach guten Konzepten für Schule im Allgemeinen (Zusatzausbildung als Montessori-Lehrerin) und „digitaler Bildung“ im Besonderen.

Es gibt tolle Ideen, Projekte und Möglichkeiten, Schule im Kleinen ein wenig digitaler zu gestalten. Wenn man die Augen und Ohren offen hält und bereit ist, mit den Schülern, Dinge zu entdecken, zu entwickeln und zu lernen, ist das für beide Seiten spannend und motivierend. Für mich persönlich geht die Suche noch weiter, denn nur weil ich programmieren oder das 1x1 besser mit dem iPad lernen kann, habe ich noch nicht verstanden, wie ich schlau mit all den digitalen Möglichkeiten umgehen kann. Den Magnetismus, den die Geräte schon auf die Kleinsten ausüben, wie viel Zeit (und Geld) die Größeren dann mit Clash Royal, musical.ly und Co. verbringen, die Tatsache, dass „YouTuber“ als Berufswunsch vielleicht etwas kurz greift, die unkritische Beeinflussbarkeit, Mobbing, Pornos, Fakes, Bots und Gewalt. Der Umgang mit all diesen Themen gehört auch in ein gutes medienbildendes pädagogisches Konzept.

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