Drogenbeauftragte

Studie warnt vor Mediennutzung bei Kindern

Kinderärzte und die Bundesdrogenbeauftragte zeichnen in der BLIKK-Studie ein düsteres Bild. Was Eltern jetzt wissen müssen.

Was ist die BLIKK-Studie?

Die BLIKK-Studie bringt die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit ihrem Medienkonsum und dem ihrer Eltern in Zusammenhang. In der Studie befragten Kinderärzte etwa 5500 Eltern und deren Kinder zum Umgang mit digitalen Medien. Gleichzeitig dokumentierten sie die Entwicklung der Kinder. BLIKK steht für Bewältigung, Lernverhalten, Intelligenz, Kompetenz und Kommunikation. Die Studie geht den Autoren zufolge weit über die üblichen Befragungen zu Mediennutzung hinaus.

Wer steht hinter der Untersuchung?

Verantwortlich für das Projekt BLIKK-Medien sind das Institut für Medizinökonomie und Medizinische Versorgungsforschung in Köln und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft der Drogenbeauftragten und wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert.

Was sind die zentralen Ergebnisse?

In der Studie kommen die Forscher zu bemerkenswerten Erkenntnissen. So diagnostizieren die Forscher bei Säuglingen einen messbaren Zusammenhang von Fütter- und Einschlafstörungen, wenn Mütter während der Säuglingsbetreuung parallel digitale Medien nutzen. Zudem sehen die Forscher Hinweise auf Bindungsstörungen.

Tägliche digitale Bildschirmnutzung bringen die Forscher zudem mit erhöhtem Genuss von Süßgetränken und Süßigkeiten sowie einem erhöhten BMI in Verbindung.

70 Prozent der Kinder im Kita-Alter benutzen das Smartphone ihrer Eltern der Studie zufolge mehr als eine halbe Stunde täglich. Die Autoren legen einen Zusammenhang zwischen intensiver Mediennutzung und Entwicklungsstörungen bei Kindern nahe. So beobachteten die Ärzte bei Kindern bis zum sechsten Lebensjahr, die intensiv digitale Medien nutzen, vermehrt Sprachentwicklungsstörungen sowie motorische Hyperaktivität. 69,5 Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen können sich weniger als zwei Stunden ohne die Nutzung von digitalen Medien selbständig beschäftigen. Die Schlussfolgerung der Forscher: Erlernen Kinder nicht frühzeitig Medienkompetenz, haben sie ein höheres Risiko, ihren Umgang mit digitalen Medien später nicht kontrollieren zu können.

Auch bei den Acht- bis 13-Jährigen weist die Studie Zusammenhänge von motorischer Hyperaktivität und Konzentrationsschwäche in Verbindung mit einer erhöhten Nutzungsdauer digitaler Medien von mehr als 60 Minuten nach. Tägliche digitale Bildschirmnutzung bringen die Forscher zudem mit erhöhtem Genuss von Süßgetränken und Süßigkeiten sowie einem erhöhten BMI in Verbindung.

Was ist von der Studie zu halten?

Die Studie und ihre Autoren gelten als seriös, Kritik gibt es aber an den Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen. Die Würzburger Medienpsychologin Astrid Carolus, die auch im Beirat der Medienkompetenz-Initiative „Schau hin!“ sitzt, hält die Ausgangsfrage der Studie – welche Auswirkungen Smartphone-Konsum auf Kinder haben kann – für wichtig. „Die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sehe ich allerdings äußerst kritisch“, sagte sie im Deutschlandfunk. Die Medienpsychologin hält es für wissenschaftlich nicht präzise, aus Zusammenhängen auf Ursachen zu schließen. Generell warnt Carolus davor, Medien aller Art mit zu großer Angst gegenüberzutreten. „Das ist immer in einem negativen Zusammenhang. Da müssen wir ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht selber von unseren Ängsten leiten lassen.”

Was können Eltern daraus lernen?

Unabhängig von der Kritik können Eltern viele Denkanstöße aus den Ergebnissen der BLIKK-Studie mitnehmen. Darauf weist auch Marlene Mortler, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, hin. „Kleinkinder brauchen kein Smartphone. Sie müssen erst einmal lernen, mit beiden Beinen sicher im realen Leben zu stehen”, sagt Mortler. Zugleich appelliert sie an die Politik, die Schulen und Bildungseinrichtungen, gerade aber auch an die Eltern, den Kindern digitale Fürsorge angedeihen zu lassen. Studienautor Professor Rainer Riedel plädiert dafür, dass Kinder und Eltern den richtigen Umgang mit digitalen Medien früh und kontrolliert üben sollten. „Kinder und junge Menschen sollen lernen, die Vorteile einer inzwischen globalen digitalen Welt zu nutzen, ohne dabei auf die Erlebnisse mit Freunden im Alltag zu verzichten“, so Riedel.

Auch die Würzburger Medienpsychologin Astrid Carolus pocht auf Medienkompetenz für Kinder: „Damit meine ich nicht, dass wir ein Tablet bedienen können, das können Kinder schon wahnsinnig früh. Sondern dass unsere Kinder lernen, wofür nutze ich das, wie nutze ich das, wie kriege ich das hin, dass ich meinen eigenen Konsum möglicherweise in Grenzen halte”, sagte Carolus im Deutschlandfunk. Von pauschalen Verboten hält die Medienpsychologin wenig. „Es bringt nichts, das zu verteufeln. Dann nutzen die Kinder es heimlich oder bei Freunden.“ Stattdessen gehe es darum, mit den Kindern gemeinsam die digitalen Geräte und Welten zu entdecken und den Umgang damit zu erlernen. Zugleich sollten Eltern laut Carolus ihr eigenes Mediennutzungsverhalten kritisch hinterfragen und überlegen, wann sie ihr Smartphone bewusst beiseite legen, etwa beim gemeinsamen Essen.

Zum Weiterlesen

Meinung: Coding-Kids-Kolumnistin Verena Pausder argumentiert, warum Eltern mit ihren Kindern auch einmal digital basteln sollten.

Interview: Die finnische Illustratorin Linda Liukas erzählt, wie Kinder auch ohne Bildschirm mit Grundlagen des Programmierens in Kontakt kommen können.

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